Just add water! – Branchinecta lindahli, ein extrem einfach zu haltender Feenkrebs
Branchinecta lindahli bringt alle Vorzüge mit, die man sich als Urzeitkrebs-Fan wünscht: Die Art lässt sich problemlos pflegen, vermehrt sich massenhaft und die Nauplien schlüpfen zuverlässig. Neben spannenden Beobachtungsmöglichkeiten bietet sie zudem ein absolut außergewöhnliches Phänomen! Von Kriton Kunz & Nicolas Rabet
Urzeitkrebse haben ihre ganz eigene Fangemeinde. Immer wieder aufs Neue ist es höchst erstaunlich und faszinierend, wie aus einem Teelöffel Sand, jahrelang unbeachtet in einem kleinen Beutel im Regal aufbewahrt, wenige Stunden bis Tage nach dem Aufgießen mit Wasser unzählige Tierchen schlüpfen und im Extremfall nach 3–8 Tagen bereits zur Fortpflanzung schreiten. Wenige Wochen später segnen sie zwar schon wieder das Zeitliche, allerdings nicht, ohne zuvor ihre kostbare Fracht aus „Dauereiern“ im Substrat zu hinterlassen. In diesen Zysten, in denen kein Stoffwechsel nachweisbar ist, warten Embryonen in einer Diapause, einem „Tod auf Zeit“, auf günstige Bedingungen, um den Kreislauf von vorne beginnen zu lassen.
Eine ganze Reihe an Arten und Farbformen aus den Gruppen der Schildkrebse, Feenkrebse und Muschelschaler ist kommerziell oder von privat erhältlich. Manche davon sind einfacher, andere schwieriger in Aufzucht und Pflege, und so mancher Einsteiger hat entnervt die Brocken hingeworfen, wenn zum wiederholten Male bei ihm nichts schlüpfte oder die Nauplien nach wenigen Tagen starben – Erfahrungen, von denen man besonders häufig hört, wenn die ersten Versuche mit Experimentier-Sets gestartet wurden, wie sie u. a. im Spielwarenhandel angeboten werden.
Eine Art, die zumindest in der europäischen Aquaristik noch sehr wenig verbreitet ist, möchte ich in diesem Beitrag vorstellen und all denjenigen wärmstens empfehlen, die praktisch garantiert Erfolg mit Urzeitkrebsen haben möchten: Branchinecta lindahli. Dieser Feenkrebs schlüpft nämlich absolut zuverlässig selbst unter nicht idealen Bedingungen, ist hart im Nehmen, verzeiht den einen oder anderen Fehler, erfreut durch sein spannend zu beobachtendes Verhalten, vermehrt sich reichlich und lässt sich selbst in enormen Populationsdichten pflegen. Das Einzige, was zu beachten ist: Er mag es zumindest beim Schlupf nicht allzu warm.
Literaturverzeichnis zum Artikel "Just add water! Branchinecta lindahli, ein extrem einfach zu haltender Feenkrebs"
Auf ins Unbekannte! Ergebnisse zweier Reisen zum Ngoko
Bei der Medaka-Zucht ist Japan nach wie vor das Maß aller Dinge. Wir waren für Sie bei einer kommerziellen Zuchtfarm, die großteils mit Teichen im Freien arbeitet. Von Stanislav Kislyuk
Ob Berge, Kraterseen, Savanne oder Wüste – Kamerun bietet auch anspruchsvollen Naturfreunden eine unglaubliche Vielfalt an Lebensräumen für entsprechende Flora und Fauna an. Doch kaum eine andere Gegend des Landes ist so rätselhaft wie die weiten Regenwaldgebiete, die sich zwischen dem Nki-Nationalpark im Westen und dem Lobeke-Nationalpark im Osten erstrecken. Corona zu entfliehen und Neues zu entdecken – es gab kaum eine bessere Wahl für ein Abenteuer, als diesen wenig erforschten Fleck Afrikas zu besuchen. Dank der sehr schlechten Infrastruktur verirrten sich bisher nur wenige Wissenschaftler und noch viel weniger Fischhalter hierhin – die große Region ist weit davon entfernt, all ihre Geheimnisse preisgegeben zu haben.
Los geht‘s
Die Reise zum Ngoko fängt in Yaoundé an: Eine Stadt wie ein Spiegelbild der Kontraste des gesamten Landes: Ärmliche Stadteile und geschäftige Basare wechseln sich mit den prunkvollen Regierungsbezirken und der lässigen Partymeile Bastos ab. Das Stadtbild wird von den gelben Taxis dominiert, dem einzigen „öffentlichen“ Nahverkehrsmittel für die über 4 Millionen Einwohner. Vom frühen Morgen bis zum späten Abend verstopfen sie alle wichtigen Verkehrsadern und man hat oft den nicht ganz unberechtigten Eindruck, zu Fuß schneller aus Yaoundé entfliehen zu können.
Der erste Streckenabschnitt ist auf 400 km asphaltiert und gut ausgebaut, vor allem dank chinesischer Unternehmen, die hier Erzabbau betreiben. Dabei passiert man die Einzugsgebiete der großen Flüsse Nyong, Sanaga und Doume. Ein wenig südlich entspringt der Dja, der womöglich zu einer früheren Zeit mit dem Nyong ein gemeinsames Flusssystem bildete, bevor tektonische Ereignisse ihn ins Kongo-System entwässern ließen. Heutzutage ist der Nyong eigenständig und wird nicht nur von vielen weit verbreiteten Arten besiedelt, wie der Barbe Enteromius aspilus und dem Schlangenkopffisch Channa cf. obscura, sondern auch von einigen Endemiten. Vergleichsweise selten ist Aphyosemion batesii – eine sehr attraktive Killifischart aus den Schwarzwassersümpfen im Quellbereich des Long. Hier leben die Tiere scheinbar allein zwischen der dichten Vegetation. Auffällig war das unausgeglichene Geschlechterverhältnis, denn unter ca. 30 Exemplaren befanden sich nicht mehr als sieben Weibchen.
Tiger im Tank – oder doch lieber im Aquarium?
In der AMAZONAS 116, also der vorherigen Ausgabe, haben wir neuere Importe solcher Nasengrundeln vorgestellt, deren Artzugehörigkeit bereits geklärt ist. Diesmal dreht es sich um Haltung und Nachzucht weiterer dieser liebenswerten kleinen Fische – wir stellen dabei drei solcher Formen vor, von denen wir bis auf das Herkunftsland zwar kaum etwas wissen, die aber bereits seit geraumer Zeit manches Liebhaberaquarium mit Leben erfüllen. Von Friedrich Bitter
In den letzten Jahren importierte Aquarium Dietzenbach mehrfach Vertreter der Gattung Rhinogobius aus China. Es handelte sich in der Regel um klein bleibende Süßwassergrundeln, die vermutlich hauptsächlich Bäche, kleine Flüsse und gelegentlich Seen bewohnen. Eine interessante Eigenschaft dieser Arten ist ihr spezielles Fortpflanzungsverhalten, das sich mit etwas Glück auch im Aquarium beobachten lässt.
Bemerkenswert ist, dass in den letzten Jahren immer mehr Arten dieser Gattung bearbeitet bzw. wissenschaftlich beschrieben wurden. Wie lange die Neuentdeckungen noch anhalten, ist ungewiss, denn auch sämtliche Herkunftsländer kennen Umweltprobleme und negative Begleiterscheinungen der Erderwärmung.
Um vermutlich zumindest eine neue Art, wenn nicht sogar derer drei, handelt es sich bei den hier vorgestellten Rhinogobius, die als „Yellow Tiger“, „Chocolate Tiger“ und „Red Tiger GX“ angeboten werden, alles sicher zugkräftige Handelsbezeichnungen. Dass sich mit dem „Tiger im Tank“ gut werben lässt, das hat ja einer der großen Mineralölkonzerne Mitte der 1990er erfolgreich bewiesen.
Erfahrungen und Überraschungen bei Pflege und Nachzucht von Betta macrostoma
Manchmal ist der Ruf einer Art, heikel und schwierig zu sein, gar nicht unbedingt gerechtfertigt. Und manchmal hält selbst das Verhalten altbekannter Aquarienfische noch eine dicke Überraschung bereit. Im Fall von Betta macrostoma trifft beides zu. Von Anton Lamboj
Noch heute gelangen zahlreiche Wildformen der Gattung Betta nach Europa. Zum Teil werden sie auch bei uns nachgezogen, wobei nicht alle als einfach gelten. Die Besonderheit der Gattung ist sicher Betta macrostoma, nicht nur, was das auffällige Farbmuster der Männchen anbetrifft. Wegen ihrer zunächst limitierten Verfügbarkeit wurden zu Anfang ihrer Karriere im Hobby für Wildfangpaare teilweise vierstellige Beträge verlangt. Das ist wegen gesicherter Nachzuchten heute zum Glück anders.
Dass bei Kampffischen sowohl Schaumnestbauer als auch Maulbrüter vorkommen, ist hinlänglich bekannt. Bei beiden Brutpflegeformen lassen sich jeweils einige Arten zu Verwandtschaftsgruppen zusammenfassen, z. B. der B.-pugnax-Gruppe für größer werdende, spitzköpfige Arten oder der B.-albimarginata-Gruppe für kleine, rundflossige und eher rot gefärbte. Eine weitere Gruppe sind hier die als Großmaul-Kampffische bezeichneten Betta. Es handelt sich dabei um Arten, die alle gut 10 cm oder größer werden und einen recht schlanken Körperbau besitzen. Die unpaaren Flossen haben keine stark verlängerten Flossenstrahlen und sehen rundlich aus. Alle Arten besitzen recht große Mäuler.
Beim Verhalten zeigen die meisten Großmaul-Kampffische eine Besonderheit gegenüber den anderen Maulbrütern, die an sich immer so ablaichen, dass nach der obligaten Umschlingung der beiden Partner, bei der die Geschlechtsprodukte abgesetzt werden, das Weibchen zuerst die Eier ins Maul nimmt und sie nun dem Männchen vorspuckt, das sie dann aufnimmt. Die Männchen erbrüten bei allen diesen Kampffischarten anschließend die Gelege. Bei den Großmaul-Kampffischen ist das ein wenig anders, denn hier nehmen die Weibchen die Eier nicht auf, sondern sofort die Männchen, die sie dann innerhalb von 2–3 Wochen erbrüten und schließlich die Jungfische entlassen.
Panda-Cichliden im Aquarium: Zwergcichliden aus dem Apistogramma-nijsseni-Artenkomplex
Die südamerikanischen Zwergbuntbarsche der Gattung Apistogramma sind ideale Aquarienfische. Sie sind problemlos zu halten, attraktiv gefärbt, beschädigen keine Pflanzen und haben ein interessantes Sozial- und Brutpflegeverhalten. Hinzu kommt, dass sie nur kleine Aquarien benötigen. von Wolfgang Staeck
Als vor knapp einem halben Jahrhundert die ersten lebenden Exemplare von Apistogramma nijsseni als Ergebnis privater Initiativen importiert wurden, lösten diese Fische bei den Liebhabern südamerikanischer Zwergcichliden wegen der ungewöhnlichen Färbung der Weibchen Staunen und Begeisterung aus. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass es im nördlichen Peru einen ganzen Komplex sehr nahe verwandter Arten gibt, bei denen sich nicht nur die typischen Farbmuster der Weibchen, sondern auch der Habitus der Männchen in artspezifischen Variationen wiederholen (Staeck 2021).
Entdeckungsgeschichte
Die Entdeckung von A. nijsseni und die Etablierung dieser Art in Deutschland als Aquarienfisch erfolgten in mehreren Schritten und zogen sich über Jahrzehnte hin. Der Zwergbuntbarsch wurde bereits im Juni 1977 von dem schweizerischen Hobby-Ichthyologen de Rham in Peru entdeckt und aufgrund seiner ungewöhnlichen Färbung als bis dahin unbekannte Art identifiziert. Allerdings hatte der Entdecker damals nur weibliche Exemplare gefangen und von diesen acht mit Standardlängen zwischen 2 und 3 cm konserviert (Kullander 1979). Diese Fische wurden später dem Naturgeschichtlichen Museum in Genf, dem Zoologischen Museum in Amsterdam und schließlich dem schwedischen Ichthyologen Kullander zur Bearbeitung übergeben, der zwei Jahre später die wissenschaftliche Beschreibung der neuen Art veröffentlichte, ohne das Aussehen der Männchen zu kennen.
In den Jahren 1979 bis 1981 konnte de Rham erneut mehrfach den Fundort besuchen und dann auch ausgewachsene männliche Fische fangen. Bereits 1979 gelangte ein Pärchen nach Deutschland. Ein Jahr später wurde die Art durch Nourissat in geringer Zahl erstmals nach Frankreich und durch de Rham auch in die Schweiz importiert (de Rham & Kullander 1983). Obwohl die Vermehrung dieser Fische im Aquarium mehrfach gelang, starb die Art im Hobby wieder aus.
Ein ungewöhnlicher Panzerwels – Pflege und Zucht von Hoplisoma rikbaktsa
Nicht wenige Panzerwelsfreunde waren in heller Aufregung, als die ersten Bilder dieser neuen Art im Internet auftauchten. Kurze Zeit später kam es bereits zur Erstbeschreibung dieses ungewöhnlichen Panzerwelses aus Brasilien. Hier soll nun über die erfolgreiche Pflege und Nachzucht der seltenen Spezies berichtet werden. von Hans-Georg Evers
Ivanacara – die zweite Art
Ein Zwergbuntbarsch aus dem Einzug des brasilianischen Rio Negro macht seit Jahren von sich reden: Ivanacara adoketa. Nur wenige Aquarianer wissen, dass es in dieser kleinen Gattung noch eine weitere Art gibt. Von ihr soll hier die Rede sein: Ivanacara bimaculata. von Hans-Georg Evers
Steatocranus sp. „Dwarf“ – Entzückende Buckelzwerge im Aquarium
Auch unter den Buntbarschen gibt solche, die diesem Sammelbegriff nicht gerade gerecht werden: „Graue Mäuse“, „Fische im Tarnanzug“ werden sie manchmal etwas abfällig genannt. Trotzdem kann die Beschäftigung mit ihnen eine spannende Angelegenheit sein – vor allem, wenn sich Nachwuchs einstellt. von Anton Lamboj
Caquetaia kraussii – Ein Lauerräuber aus Kolumbien und Venezuela
Räuberische Fische im Aquarium zu beobachten, hat seinen besonderen Reiz. Das gilt insbesondere, wenn es sich um Arten handelt, die sich vorsichtig anschleichen oder aus einer Deckung heraus urplötzlich hervorschnellen, um ihre Beute zu packen. Meist sind solche Räuber schon durch anhand ihrer Maulform als solche zu erkennen. Das gilt auch für die hier vorgestellten Südamerikaner … von Uwe Werner
Ein neuer Schrägschwimmer: Thayeria sp. „Teles Pires“
Der Schrägschwimmer Thayeria boehlkei ist ein seit Jahrzehnten sehr beliebter Salmler und gehört zum erweiterten Standardprogramm der weltweiten Aquaristik. Die Erforschung des oberen Tapajós-Beckens in Zentralbrasilien durch Wissenschaftler und vor allem Aquarienfischfänger hat uns in den letzten Jahren eine große Zahl an neuen Salmlerarten beschert. Eine davon ist eine weitere, bislang noch kaum bekannte und wissenschaftlich noch unbeschriebene Art aus der kleinen Gattung Thayeria. von Hans-Georg Evers